Kann die CPAP-Therapie die Gesichtsform verändern?

25. Januar 2019
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CPAP (Continuous Positive Airway Pressure) gilt als „Goldstandard“ zur Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe. Die Überdruckbeatmung wird dabei fast immer als (symptomatische) Erstlinientherapie eingesetzt. Viele Schlafapnoe Betroffene tolerieren jedoch die CPAP-Therapie nur mit mehr oder weniger großen Einschränkungen. Eine klinische Studie hat gezeigt, dass etwa 60% der CPAP-Nutzer diese Therapie wieder vollständig einstellen. Selbst bei den CPAP-Nutzern, die die Maske gut vertragen, wird diese im Durchschnitt nur 4 bis 5 Stunden pro Nacht bei durchschnittlich nur 4 bis 5 Nächten pro Woche eingesetzt. Nur etwa 25% der Schlafapnoiker setzen CPAP wirklich jede Nacht und während der gesamten Schlafdauer ein. In diesen Fällen spricht man von einer sehr hohen CPAP-Compliance.

Den wenigsten Apnoikern, die derart konsequent mit der Überdruckbeatmung therapieren können, dürfte jedoch bekannt sein, dass sich an völlig unerwarteter Stelle schwerwiegende Nebenwirkungen zeigen: Eine japanische Studie aus dem Jahr 2010 belegt, dass die dauerhafte Nutzung der CPAP-Therapie zu Veränderungen der Gesichtsform führt. Fünf Wissenschaftler um den japanischen Arzt Dr. Hiroko Tsuda untersuchten insgesamt 46 Erwachsene, die seit mindestens 2 Jahren mit CPAP therapierten. Im Durchschnitt betrug die CPAP-Tragedauer der untersuchten Probanden knapp 3 Jahre. Die japanischen Forscher verwendeten Fernröntgenaufnahmen, um mithilfe sogenannter kephalometrischer Bezugspunkte die Gesichtsformen vor und nach der Behandlung mit CPAP zu analysieren.

In den Interviews berichtete kein einziger Studienteilnehmern davon Veränderungen des eigenen Gesichtsprofils oder der sogenannten Okklusion (jeglicher Kontakt zwischen den Zähnen des Ober- und Unterkiefers) bemerkt zu haben. Dennoch zeigten die Ergebnisse signifikante Veränderungen der Gesichtsform: Der Oberkiefer mitsamt der oberen Zähne wurde zurückverschoben. Ein vergleichbares Bild zeigte sich auch im Unterkiefer. Hier wurde der Unterkiefer und sogar die Kinnposition zurückverlagert. Gleichzeitig war auch eine Reduzierung der Bewegungsfreiheit zwischen Ober- und Unterkiefer festzustellen. Bemerkenswert ist, dass dieselben Veränderungen häufig auch bei Patienten mit chronischen Kopfschmerzen, Migräne und Kiefergelenkserkrankungen auftreten.

Die japanischen Forscher vermuten, dass die fest angezogenen Maskenbänder, welche die Überdruckbeatmungsmaske auf dem Gesicht befestigen, langfristig durch permanente Krafteinwirkung zu einer Komprimierung des Gesichtsprofils führen. Obwohl dieser Effekt bei Kindern bereits seit längerer Zeit bekannt war, brachte erst die klinische Studie aus Japan den Nachweis, dass dieses sogenannte „Smashed Face Syndrom“ auch bei Erwachsenen zu beobachten ist.

Die beschriebenen Nebenwirkungen der CPAP-Therapie führen vereinfacht ausgedrückt zu einer Rückpositionierung des Kieferkomplexes. Dies wiederrum führt zu einer Vergrößerung der „mechanischen“ Verengung der oberen Atemwege. Der sogenannte „Posterior Airway Space“ wird reduziert. Hieraus ergibt sich die Konsequenz, dass der CPAP-Therapiedruck erhöht werden muss, um wieder die gleichen Therapieerfolge erzielen zu können, wie zu Beginn der Ventilationstherapie. Die Schlussfolgerung ist, dass alleine die Benutzung der CPAP-Maske auf Dauer die oberen Atemwege weiter verengt und somit den Schwergrad der obstruktiven Schlafapnoe erhöht.

In die genau entgegengesetzte Richtung wirkt die einzige kausale Therapie: Beim maxillomandibulärem Advancement (MMA) mit Rotation wird der Kieferkomplex operativ nach vorne verlagert und dabei gegen den Uhrzeigersinn gedreht (Rotation). Durch die Vorbewegung der Kiefer wird auch die Zunge, die am Unterkiefer angewachsen ist, weiter nach vorne positioniert. Das Ergebnis ist eine Vergrößerung des Abstands zwischen Zungengrund und Rachenvorderwand. Der Patient erfährt durch den Eingriff in die Knochenstruktur eine dauerhafte Erweiterung seiner Atemwege. Schlafbezogene Atmungsstörungen sind nun nicht mehr möglich. Die nächtliche Überdruckbeatmung wird hinfällig.

Schlafapnoe Betroffene, die mit CPAP therapieren, sind sich meist der unerwünschten Nebenwirkung durch das sogenannte „Smashed Face Syndrom“ nicht bewusst. Sie sollten deshalb in jedem Fall vom behandelnden Pneumologen oder HNO-Arzt auf die orthopädischen und kieferorthopädischen Veränderungen, die die CPAP-Therapie mit sich bringt, hingewiesen werden. Nur wenn obstruktive Schlafapnoe Betroffene sämtliche Vor- und Nachteile einer Therapieform kennen, sind sie in der Lage über die für ihre individuelle Situation bestmögliche Behandlungsform zu entscheiden.