Wie beeinflusst die Schlafposition die nächtliche Atmung?

16. Oktober 2020
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Den meisten Schlafapnoe Patienten dürfte bekannt sein, dass sie in Rückenlage häufiger und deutlich lauter Schnarchen, als in der Bauch- oder Seitenlage. Wie lässt sich diese Praxisbeobachtung erklären? In Rückenlage bewirkt die Schwerkraft, dass die Zunge und der Weichgaumen wesentlich stärker zur Verengung im Rachenraum beitragen. Das begünstigt das Kollabieren der oberen Atemwege und führt letztlich nicht nur zu den gefürchteten nächtlichen Atemaussetzern, sondern auch zu einer Intensivierung der Schnarchgeräusche.

Was ist eine positionsabhängige Schlafapnoe?

Aus dieser Erkenntnis folgt die Fragestellung, ob es schlafbezogene Atmungsstörungen gibt, die sich alleine aus der Schlafposition ergeben. Tatsächlich zeigen etwas 20% der Apnoe Patienten nur in Rücklage Atemaussetzer (Apnoen) oder Atemflussreduzierungen (Hypopnoen). Dies bedeutet, dass bei diesen Betroffenen die Apnoen und Hypopnoen vollständig verschwinden, sobald sie sich auf die Seite oder den Bauch drehen. Eine 2018 veröffentlichte Schweizer Studie mit über 1.700 Patienten zeigte, dass bei circa der Hälfte aller Schlafapnoiker eine sogenannte positionsabhängige Schlafapnoe (POSA) vorlag. Von einer POSA spricht man, wann in Rückenlage der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) mehr als doppelt so hoch ist, wie in den beiden anderen Schlafpositionen. Die Rückenlage ist folglich der Trigger für diese spezielle Form der Schlafapnoe.

Wie stellt man fest, ob es sich um eine positionsabhängige Schlafapnoe handelt?

Eine bereits 1997 veröffentlichte israelische Studie mit über 574 Patienten konnte beweisen, dass es Prädiktoren für die POSA gibt. Diese erlauben mit relativ guter Genauigkeit vorherzusagen, ob ein Apnoiker unter einer positionsabhängigen Schlafapnoe leidet oder nicht. In der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit führt die Studie die drei folgenden Vorhersagevariablen auf:

  • Möglichst niedriger AHI (leichte bis mittelgradige Schlafapnoe)
  • Geringer Body-Mass-Index (niedriges Körpergewicht)
  • Jüngeres Lebensalter

Die israelischen Wissenschaftler bewiesen, dass ein älterer, fettleibiger Patient mit schwergradiger schlafbezogener Atmungsstörung mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit an einer POSA leidet, als ein jüngerer, schlanker mit leicht- bis mittelgradiger Schlafapnoe. Die Autoren der Studie schlussfolgerten, dass der Einfluss der Schlafposition eine umso geringere Rolle spielt, je mehr Fett im Mund- und Rachenraum entsprechenden Druck auf die oberen Atemwege ausübt. Das höhere Lebensalter scheint als Prädiktor deshalb relevant zu sein, weil mit zunehmendem Alter das Gewebe im Pharynx (Rachen) an Elastizität verliert. Die Forscher aus Israel konnten in ihrer Studie zeigen, dass POSA-Patienten eine merklich bessere Schlafqualität mit mehr Tiefschlafanteilen hatten und gleichzeitig auch weniger unter Tagesmüdigkeit litten.

Wie stark ist der Einfluss der Schlafposition auf schlafbezogene Atmungsstörungen?

Dieser Fragestellung ging eine 2013 veröffentlichte systematische Überprüfung von insgesamt 13 Einzelstudien nach. Die 13 Studien eruierten, in welchem Umfang die Schlafposition den Schweregrad der obstruktiven Schlafapnoe beeinflusst. Mit Ausnahme von 2 Studien zeigten sich konsistente Ergebnisse: Die Rückenlage im Schlaf ist im Vergleich zur Seitenlage mit deutlich mehr schlafbezogenen Atmungsstörungen (Apnoen und Hypopnoen) verbunden. Auf Basis der Auswertung von Schlaflaboruntersuchungsergebnissen konnte bei insgesamt 498 erwachsenen Apnoe Patienten gezeigt werden, dass sich der Apnoe-Hypopnoe-Index durchschnittlich um über 50% reduzierte, wenn die Probanden auf der Seite schliefen anstelle auf dem Rücken. Allerdings konnte die Überprüfungsstudie mangels ausreichender Daten nicht evaluieren, ob die Bauchlage gegenüber der Seitenlage mit weiteren Vorteilen für die nächtliche Atmung einhergeht.

Welche Schlafposition ist am besten?

Verknüpft man die vorliegenden klinischen Studien mit den Praxiserfahrungen der letzten Jahrzehnte, so zeigt sich, dass jede Schlafposition mit Vor- und Nachteilen verbunden ist. Die Rückenlage, die von etwa 7% aller Menschen praktiziert wird, gilt als orthopädisch beste Schlafposition. Der Kopf, der Nacken und die Wirbelsäule befinden sich in einer natürlichen Position zueinander und der Druck des Körpers verteilt sich gleichmäßig. Allerdings ist die Rückenlage, wie ausgeführt, bedeutend häufiger mit Schnarchen und Atmungsstörungen assoziiert, da die Zunge und der Weichgaumen in dieser Position stärker in den Rachenraum zurückfallen. Letztlich destabilisiert das Schlafen auf dem Rücken die nächtliche Atmung.

Die Bauchlage ist vermutlich, auch wenn dies die klinischen Studien bisher nicht eindeutig belegen konnten, die Schlafposition, welche am besten geeignet ist, um Apnoen/Hypopnoen und das Schnarchen zu unterbinden. Die Bauchlage, die von ca. 17% der Bevölkerung bevorzugt wird, geht jedoch mit orthopädischen Nachteilen einher: Bauchschläfer setzen sich der Gefahr einer Hohlkreuzbildung aus, da die Wirbelsäule in dieser Position meist keinen natürlichen Verlauf annehmen kann. Darüber hinaus führt die Bauchlage dazu, dass sich der Nacken, durch das Drehen des Kopfes zur Seite, in einer physiologisch unnatürlichen Position befindet. Nackenverspannungen und Rückenschmerzen sind dann nicht selten die Folge.

Als sehr guter Kompromiss zwischen orthopädischen Gesichtspunkten und der Notwendigkeit einer möglichst optimalen nächtlichen Atmung, stellt sich die Seitenlage heraus. Diese Schlafposition beweist, dass sie gegenüber der Rückenlage deutliche Vorteile hinsichtlich der Reduzierung schlafbezogener Atmungsstörungen bietet. Zusätzlich fördert die Seitenlage, vorausgesetzt Matratze und Kopfkissen wurden richtig gewählt, dass der Kopf sowie die Brust- und Halswirbelsäule eine möglichst gerade Linie einnehmen können. Hierdurch wird der Rücken optimal entlastet. Die Bandscheiben können sich von den Anstrengungen des Tages bestmöglich entspannen. Allerdings kann auch die Seitenlage zu Nacken-, Rücken- und Beckenschmerzen führen, wenn eine Matratze gewählt wurde, die eine überdurchschnittliche Becken- und Schulterabsenkung verhindert. Insgesamt überwiegen jedoch die Vorteile der Seitenlage gegenüber deren Nachteile. Dies ist vermutlich auch der Grund, warum etwa zwei Drittel aller Menschen ganz intuitiv diese Schlafposition bevorzugen.

Wie kann man sich am besten die Rückenlage abgewöhnen?

Für Rückenschläfer, die unter obstruktiver Schlafapnoe oder zu lautem Schnarchen leiden, ist eine Veränderung der Schlafposition dringend empfehlenswert. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl verschiedenster Hilfsmittel, die die Betroffenen bei der Erreichung dieses Ziels unterstützen. Das Zentrum für Schnarchen und Schlafapnoe der MEOCLINIC rät von elektronischen Hilfsmitteln, die mittels entsprechender Geräusche oder Vibrationen die Rückenlage verhindern sollen, ab. Hierzu zählen diverse Smartphone Apps (z.B. „apnea sleep position trainer“), Anti-Schnarch-Kissen mit eingebautem Mikrofon und Schlafpositionstrainer mit Lagesensor. Empfehlenswert ist der Einsatz einer Rückenlageverhinderungsweste, wie z.B. der „Nachtwaechter Schlafweste“, welche mittels ergonomischem Protektor im Schulterbereich die Rückenlage sanft, aber effektiv unterbindet. Derartige Schlafwesten fungieren gleichzeitig auch wie eine „Lernhilfe“. Die Praxis zeigt, dass nach durchschnittlich 3 bis 6 Monaten ein Konditionierungseffekt eingetreten ist. Nach dieser Zeit kann also dauerhaft auf die Weste verzichtet werden, da der Körper daran gewöhnt wurde die Rückenlage zu meiden.

Die Positionstherapie steigert die Lebensqualität

Apnoiker, die unter lagebedingter Schlafapnoe leiden, sollten sich in jedem Fall die Rückenlage abgewöhnen. Im Ergebnis profitieren sie von einem ruhigeren und besseren Schlaf, was wiederrum eine Reduzierung der Tagesmüdigkeit zur Folge hat. Diese Positionstherapie reduziert nicht nur die Atemstörungen, sondern auch das Schnarchen. Somit wird auch die Schlafeffektivität des eigenen Partners erhöht, da die nächtliche Geräuschbelästigung vermindert wird. Letztlich verbessert sich sogar die Compliance der Überdruckbeatmungstherapie (CPAP-Therapie), da die Vermeidung der Rückenlage wie beschrieben mit einem geringeren Atemstörungsindex einhergeht. Infolgedessen kann meist der Beatmungsdruck des CPAP-Geräts verringert werden, was die Verträglichkeit dieser Therapieform optimiert. Zusammengefasst ist die Positionstherapie fast ausnahmslos mit erheblichen Vorteilen verbunden. Gleichzeitig ist der tatsächliche Aufwand, um sich dauerhaft die Rückenlage abzugewöhnen, zu vernachlässigen.