Wie wirksam hilft CBD-Öl bei Schlafstörungen?

30. Oktober 2022
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Auf Basis von Informationen der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) liegt der Anteil der Bundesbürger, die unter gelegentlichen Schlafstörungen leiden, bei ca. 20 bis 30 Prozent. An chronischen Schlafstörungen sollen etwa 4,8 Millionen Menschen, also ca. 6 Prozent der Bevölkerung, erkrankt sein. Immer häufiger wird daher zu synthetischen Schlafmitteln gegriffen. Nach Auskunft der DGSM nehmen etwa 1,9 Millionen Menschen in Deutschland regelmäßig Schlaftabletten ein[1]. Sie sind jedoch problematisch, da diese Medikamente schnell zur Abhängigkeit führen können, und zudem die eigentlichen Ursachen der Schlafstörung nicht beheben. Um Ein- und Durchschlafstörungen effektiv zu behandeln, wird verstärkt nach pflanzlichen Arzneimitteln gesucht, die keine Abhängigkeits- und Gewöhnungseffekte nach sich ziehen. In diesem Zusammenhang wird seit einigen Jahren vermehrt die Einnahme von CBD-Öl, vor dem Schlafengehen, empfohlen. Dem CBD-Öl wird eine entkrampfende, entspannende und insbesondere angstlösende Wirkung zugeschrieben[2]. Das erklärt vermutlich die hohe Wertschätzung, die diesem Wirkstoff entgegengebracht wird. Im Folgenden soll die Wirksamkeit von CBD-Öl bei Schlafstörungen näher betrachtet werden.

Was ist CBD-Öl?

CBD ist die Abkürzung von Cannabidiol. Es gehört neben THC (Tetrahydrocannabinol) zu den insgesamt 113 identifizierten Cannabinoiden in der Hanfpflanze (Cannabis sativa)[3]. Im Gegensatz zum THC induziert Cannabidiol keine psychoaktiven Effekte. Es wirkt also nicht berauschend, da der THC-Anteil äußerst gering ist, und in der Regel weniger als 0,2 Prozent beträgt. CBD verfügt über kein Abhängigkeitspotenzial und berichtete Nebenwirkungen sind gering und treten nur sehr selten auf[4]. Die Einnahme von CBD-Öl, dessen THC-Anteil geringer als 0,2 Prozent ist, fällt in Deutschland nicht unter das Betäubungsmittelgesetz und ist somit legal, da ein Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen werden kann[5]. CBD-Öl entsteht durch die Vermischung von Cannabidiol mit einem Trägeröl, wie zum Beispiel Hanfsamenöl. Der Cannabidiol-Anteil der am Markt verfügbaren CBD-Öle liegt meist zwischen 5 bis 10 Prozent.

Wie sieht die Studienlage zur Wirkung von CBD bei Schlafstörungen aus?

Die Studienlage, zur Wirkung von Cannabidiol auf die Schlafqualität, ist denkbar schwach. Mit Stand Oktober 2022 war lediglich eine Studie über eine retrospektive Fallserie zu finden. Die rückblickende Untersuchung umfasste die monatliche Dokumentation von Angstzuständen und der Schlafqualität bei 72 erwachsenen Patienten, die CBD in einer psychiatrischen Klinik einnahmen. Die Studie wurde 2019 von Forschern aus dem US-Bundesstaat Colorado in der Fachzeitschrift „The Permanente Journal“ veröffentlicht. Die Daten zeigten, dass CBD von 69 der 72 Patienten gut vertragen wurde. Bei 48 Patienten, also ca. 67% der Teilnehmer, verbesserten sich die Schlafwerte leicht. Die Beurteilung der Schlafqualität erfolgte mithilfe des sogenannten Pittsburg Sleep Quality Index (PSQI). Dieser Selbstbeurteilungsfragebogen erfasst die Schlafqualität über einen Zeitraum von einem Monat. Er besteht aus 19 Fragen und stellt ein einfaches, aber gleichzeitig auch sehr effektives Werkzeug zur Beurteilung der eigenen Schlafqualität dar. Laut Studie verbesserten sich die Schlafwerte, einen Monat nach Beginn der CBD-Einnahme, bei den Patienten, die Angstzustände beklagten, um durchschnittlich ca. 19,1 Prozent. Bei den Probanden, die explizit unter Schlafstörungen litten, besserten sich die PSQI-Werte, einen Monat nach Aufnahme der CBD-Supplementierung, um durchschnittlich etwa 18,6 Prozent.

Wie sind die Studiendaten zur Wirkung von Cannabidiol bei Schlafstörungen zu interpretieren?

Die Studienautoren betonten selbst, dass ihre Ergebnisse mit sehr großer Vorsicht betrachtet werden müssen. Die Wissenschaftler verwiesen nicht nur auf die fehlende Kontrollgruppe ihrer Studie, sondern auch darauf, dass die meisten Patienten, während der Beobachtungsdauer, auch Psychopharmaka einnahmen. Einige Patienten nutzten auch die Gesprächstherapie, die ihnen von der psychiatrischen Klinik angeboten wurde. Das macht es schwer eine direkte Ursache-Wirkungs-Beziehung, zwischen der CBD-Einnahme und der leichten Verbesserung der Schlafqualität, herzustellen. Darüber hinaus ist es sehr wahrscheinlich, dass der sehr hohe Bekanntheitsgrad von Cannabidiol zu einem überdurchschnittlich hohen Placeboeffekt beigetragen haben dürfte. Letztlich stellten die Autoren der Studie klar, dass die ermittelten Daten lediglich eine Korrelation zeigten. Es sei nicht erkennbar, ob die Verbesserungen der Schlafwerte auf die CBD-Einnahme, auf die Therapie der Angstzustände (Psychopharmaka, Gesprächstherapie) oder auf den Placeboeffekt zurückzuführen seien.

Wirkt beim CBD-Öl nur der Placeboeffekt?

Cannabidiol ist in Deutschland als verschreibungspflichtiges Arzneimittel (Handelsname „Epidyolex“) lediglich zur Behandlung einer seltenen Epilepsieform bei Kindern zugelassen[6]. Für alle anderen Indikationen besteht kein ausreichend wissenschaftlicher Nachweis einer Wirksamkeit. Die bei einigen CBD-Ölen geäußerten Heilversprechen (z.B. Lindern von Schmerzen, Depressionen oder Schlafstörungen) gelten daher als Werbung mit krankheitsbezogenen Aussagen. Sie sind aufgrund der genannten, fehlenden Wirksamkeitsnachweise, sowie der fehlenden Arzneimittelzulassung, verboten. Darüber hinaus sind die in den CBD-Ölen enthaltenen Konzentrationen von Cannabidiol überwiegend pharmakologisch unbedeutend gering, und liegen im Allgemeinen unter den in Studien getesteten Mengen[7]. Es ist infolgedessen völlig ungeklärt, ob CBD-Öle überhaupt eine klinische Wirkung entfalten können. Die an der Medizinischen Hochschule Hannover forschende Neurologin Prof. Dr. Kirsten Müller-Vahl gilt als eine der besten CBD-Expertinnen in Deutschland und berät unter anderem auch den Gesundheitsausschuss im Bundestag. In einem Interview gegenüber dem Westdeutschen Rundfunk vertrat sie die Aussage, dass die nach einer CBD-Einnahme anekdotisch berichteten gesundheitsfördernden Wirkungen ausnahmslos auf den Placeboeffekt zurückzuführen seien[8]. Die in den CBD-Ölen enthaltenen Niedrigdosierungen an Cannabidiol könnten keine pharmakologischen Ergebnisse induzieren.

Was gilt es bei der Einnahme von CBD-Öl zu beachten?

In der medizinischen Praxis erzielen Placeboeffekte erwünschte positive Veränderungen des Gesundheitszustandes. Betroffenen, die unter Schlafstörungen leiden, kann deshalb die versuchsweise Supplementierung mit CBD-Öl uneingeschränkt empfohlen werden. Die Einnahme wird etwa 30 bis 45 Minuten vor dem Zubettgehen vorgeschlagen. Zu Beginn sollten etwa 2 bis 3 Tropfen eines 5- oder 10-prozentigen CBD-Öls unter die Zunge geträufelt werden. Der Wirkstoff wird im Anschluss über die Mundschleimhaut direkt in den Körper aufgenommen, ohne den Magen-Darm-Trakt zu durchlaufen. Im weiteren Zeitverlauf kann dann die Dosierung langsam auf bis zu 5 Tropfen gesteigert werden. Umfangreiche Internetrecherchen zeigten, dass es sich dabei um die Dosis handelt, welche am häufigsten befürwortet wird.

Fazit zu CBD-Öl bei Schlafstörungen

Es gibt keine belastbaren wissenschaftlichen Studien, die eine Wirkung von Cannabidiol bei Schlafstörungen belegen. Eine gewisse positive Wirkung auf die Schlafqualität ist dennoch nicht unwahrscheinlich, da der weltweit sehr hohe Bekanntheitsgrad von CBD vermutlich einen überdurchschnittlich starken Placeboeffekt fördert. Die extrem hohe Anzahl von positiven Erfahrungsberichten in den Onlinemedien ist geeignet, um eine Linderung von Schlafstörungssymptomen, nach einer CBD-Einnahme, erwarten zu lassen. Als Alternative zu Cannabidiol bietet sich auch eine Therapie in Form eines Melatoninsupplements an. Das menschliche Schlafhormon Melatonin wird in der Zirbeldrüse produziert und bei zunehmender Dunkelheit ausgeschüttet. Durch zahlreiche Studien ist belegt, dass Melatonin die Einschlafdauer verkürzt und gleichzeitig die Länge und die Qualität des Schlafs verbessert (siehe auch Blogbeitrag vom 04.05.2021). Gleichzeitig führt das Neurohormon Melatonin weder zu physischen, noch zu psychischen Abhängigkeiten. Auch Gewöhnungseffekte, wie sie bei synthetischen Schlafmitteln häufig vorkommen, sind bei einer dauerhaften Melatonin-Einnahme nicht zu erwarten.

 

Anmerkungen:

[1] Echo Online – VRM GmbH & Co. KG: https://www.echo-online.de/panorama/leben-und-wissen/unser-schlaf-in-zahlen-statistiken-und-studien-zum-thema_19049086

[2] Chemistry & Biodiversity, Volume 4, Ausgabe 8, Aug. 2007, S. 1678-1692: Raphael Mechoulam, Maximilian Peters, Eric Murillo-Rodriguez, Lumír O. Hanuš: „Cannabidiol – Recent Advances

[3] Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Series B, Biological Sciences, Volume 367, Ausgabe 1607, Dez. 2012, S. 3364-3378: Alline Cristina Campos, Fabricio Araújo Moreira, Felipe Villela Gomes, Elaine Aparecida Del Bel, Francisco Silveira Guimarães: „Multiple mechanisms involved in the large-spectrum therapeutic potential of cannabidiol in psychiatric disorders

[4] Current Neuropharmacology, Volume 17, Ausgabe 10, 2019, S. 974-989: Marilyn A HuestisRenata SoliminiSimona PichiniRoberta PacificiJeremy CarlierFrancesco Paolo Busardò: „Cannabidiol Adverse Effects and Toxicity

[5] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): https://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/_FAQ/Cannabis/faq-liste.html?cms_fid=566334

[6] European Medicines Agency (EMA): Epidyolex: European Public Assessment Report (EPAR); https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/epidyolex

[7] Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH: https://www.spektrum.de/news/gesundheit-ist-der-hype-um-cannabidiol-berechtigt/1680420

[8] Westdeutscher Rundfunk (WDR): https://www.youtube.com/watch?v=e3yYV98JFqc