Kann eine Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP) die Schlafapnoe heilen?

22. Dezember 2022
shutterstock_UPPP_2076713113-min-1200x543.jpg

Sehr viele Schlafapnoe Patienten, die nicht ausreichend effizient mit der Überdruckbeatmung CPAP (continuous positive airway pressure) therapieren können, suchen als Alternative nach einer operativen Behandlung, um ihre Atemstörungen im Schlaf wirkungsvoll zu reduzieren und gleichzeitig auch ihre Lebensqualität zu verbessern. Bereits seit Anfang der 1980er Jahre stellt die sogenannte Uvulopalatopharyngoplastik, kurz UPPP genannt, eine der bekanntesten Schlafapnoe Operationen dar. Im Folgenden wird die Funktionsweise dieser Operationstechnik beschrieben und insbesondere deren Effektivität näher beleuchtet.

Wie funktioniert die Uvulopalatopharyngoplastik?

Die UPPP ist eine Form der Gaumensegelstraffung und wird fast immer zusammen mit einer Tonsillektomie (Entfernung der Gaumenmandeln; siehe auch Blogbeitrag vom 17.12.2021) ausgeführt[1]. Das Gaumensegel bildet die Fortsetzung des harten Gaumens, welcher als Decke der Mundhöhle fungiert. Aus diesem Grund wird das Gaumensegel auch „weicher Gaumen“ oder „Weichgaumen“ genannt. Es hängt schräg oder senkrecht in Richtung Zungenwurzel herab. Zugleich grenzt es die Mundhöhle zum Teil gegen den Rachen ab. Es dient somit der Trennung zwischen Luft- und Speiseweg. Das Prinzip der UPPP besteht in der operativen Entfernung überschüssiger Schleimhaut im Rachenbereich, welche die oberen Atemwege im Schlaf verschließen kann. Die Weichgewebsreduktion wird im Bereich des Gaumensegels, der Uvula (Gaumenzäpfchen) und des Zungengrunds durchgeführt. Letztlich wird mit dem Eingriff, der stationär unter Vollnarkose erfolgt, nicht nur Gewebe verringert, sondern auch gestrafft, um eine bessere Öffnung der oberen Atemwege zu erzielen. Besonders Anfang der 1980er Jahre wurde die Operationsmethode von einigen Chirurgen zu radikal praktiziert, was nicht selten zu bleibenden Funktionsstörungen beim Schlucken, beim Trinken oder bei der Phonation führte. Derartige Komplikationen haben die OP-Methode bis heute in Verruf gebracht[2].

Welche Patienten sind für eine UPPP geeignet?

Um einen maximalen postoperativen Erfolg der Uvulopalatopharyngoplastik zu sichern, muss abgeklärt werden, ob ursächlich eine Obstruktion (Verengung/Blockade) im Bereich des Weichgaumens für die Schlafapnoe verantwortlich ist. Eine sehr wirkungsvolle Methode zur Ursachenklärung ist die Schlafvideoendoskopie (siehe Blogbeitrag vom 29.05.2019). Zeigen sich in dieser Untersuchung hyperplastische Tonsillen (vergrößerte Gaumenmandeln) oder Schleimhautüberschüsse am weichen Gaumen und der Uvula, gelten diese Determinanten als positive Prädiktoren für den Behandlungserfolg. Die aktuelle Literatur zeigt jedenfalls eindeutig, dass die Erfolgsrate der UPPP bei Patienten, die eine präoperative Differentialdiagnostik absolviert haben, deutlich höher ist, als bei Patienten ohne derartige Selektion[2].

Wie sieht die Studienlage zur Uvulopalatopharyngoplastik aus?

Die über vierzigjährige klinische Erfahrung mit der UPPP hat eine insgesamt gute Evidenzlage hervorgebracht. Der Erfolg einer Uvulopalatopharyngoplastik bemisst sich auf Basis der prozentualen Reduzierung des Atemstörungsindex Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) präoperativ zu postoperativ. Vor Durchführung einer UPPP wird im Schlaflabor mittels Polysomnographie der AHI festgestellt. Etwa sechs Monate nach der OP wird eine erneute Schlaflaboruntersuchung vollzogen, um die Erfolgsquote, anhand der prozentualen Verringerung des AHI gegenüber seinem Ausgangswert, zu bestimmen.

In der Leitlinie HNO-spezifische Therapie der obstruktiven Schlafapnoe bei Erwachsenen, welche in Deutschland die medizinische Grundlage für die Indikationsstellung einer UPPP darstellt, werden in der folgenden Übersicht die Ergebnisse von 12 neueren Studien zur Uvulopalatopharyngoplastik aufgeführt.

12-Studien-zur-UPPP
Bild: 12 Studien zur UPPP

Die insgesamt 454 Schlafapnoe Patienten erzielten durch die UPPP-Therapie im Durchschnitt eine Abnahme ihres AHI von 37,18/Stunde präoperativ auf 19,81/Stunde postoperativ. Dies entspricht einer AHI-Reduzierung von durchschnittlich ca. 46,7 Prozent. Der Schweregrad der Schlafapnoe hatte sich folglich durch die UPPP von „schwer“ auf „mittel“ abgeschwächt. Dennoch verblieb bei den Patienten nach der OP fast ausnahmslos noch eine behandlungswürdige Schlafapnoe.

Etwas schlechtere Operationserfolge wurden in einer 2010 veröffentlichten Metaanalyse nachgewiesen. Die in der Fachzeitschrift „Sleep“ publizierte Übersichtsarbeit evaluierte insgesamt 15 Studien mit insgesamt 699 Patienten, die sich einer UPPP-Behandlung unterzogen. Der AHI lag bei Studienbeginn im Durchschnitt bei 40,3/Stunde. Durch die UPPP-Operation kam es durchschnittlich zu einer Verminderung des AHI um ca. 26,1 Prozent. Der postoperative Rest-AHI blieb erhöht und lag im Durchschnitt bei 29,8/Stunde. Der Therapieerfolg der UPPP kann aus der aktuellen Literatur, auf Basis der prozentualen AHI-Reduktion, zwischen 25 Prozent und 50 Prozent beziffert werden.

Wie effektiv wirkt die UPPP ohne Tonsillektomie?

Die Uvulopalatopharyngoplastik wird, wie beschrieben, nahezu ausnahmslos zusammen mit einer Tonsillektomie ausgeführt. Hieraus ergibt sich die logische Fragestellung, ob der Behandlungserfolg stärker auf die Gaumensegelstraffung durch Weichgewebsreduktion zurückzuführen ist, oder eher auf dem Effekt der Gaumenmandelentfernung beruht. Dieser Frage ging eine im Jahr 2009 veröffentlichte Übersichtsarbeit nach, die die Ergebnisse von 5 Studien mit insgesamt 269 Patienten zusammenfasste. Der Review evaluierte die Erfolgsraten nach UPPP getrennt für Patienten, deren Tonsillen bereits vor der OP entfernt waren, und solchen mit gleichzeitiger Tonsillektomie. Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Erfolgsquote in der Gruppe der bereits früher Tonsillektomierten war mit ca. 30 Prozent nur etwa halb so hoch, wie bei einer simultanen chirurgischen Entfernung der Gaumenmandeln mit ca. 59 Prozent[3]. Die genannte Analyse kann demzufolge nur so interpretiert werden, dass signifikant höhere Behandlungserfolge der UPPP nur dann erzielt werden, wenn zur gleichen Zeit auch die Gaumenmandeln chirurgisch reseziert werden.

Wie sehen die Langzeitergebnisse der Uvulopalatopharyngoplastik aus?

Weichgewebsoperationen zur Behandlung der Schlafapnoe haben erfahrungsgemäß den Nachteil, dass die polysomnographischen Langzeitergebnisse nicht mit den subjektiven Verbesserungen nach der OP korrelieren. Nicht anders verhält es sich auch bei der UPPP: In insgesamt 6 Fall-Kontroll-Studien wurden die Kurzzeitergebnisse (Schlaflaboruntersuchung 3 bis 12 Monate nach der OP) mit den Langzeitergebnissen (Schlaflaboruntersuchung 3 bis 10 Jahre nach der OP) verglichen. Kurzfristig zeigte sich eine Erfolgsrate nach der UPPP von durchschnittlich 60,5 Prozent, während die Langzeiterfolgsquote lediglich 47,6 Prozent betrug[4]. Die Daten belegten also, dass die Wirksamkeit der Uvulopalatopharyngoplastik auf den Schweregrad der Schlafapnoe mit der Zeit nachlässt. Diese Schlussfolgerung wurde auch durch eine 2019 publizierte Metaanalyse bestätigt, welche die Daten von insgesamt 11 Einzelstudien zur Effektivität der UPPP auswertete. Die Arbeit bilanzierte, dass die Ergebnisse der langfristigen Nachbeobachtung (AHI-Werte mindestens 34 Monate nach der OP) im Durchschnitt um ca. 37 Prozent schlechter ausfielen, als die Kurzzeitergebnisse (AHI-Werte 3 bis 12 Monate nach der OP)[5]. Als Konsequenz kann den Patienten nach einer UPPP nur empfohlen werden, ihre nächtliche Atmungsqualität längerfristig schlafmedizinisch zu überprüfen. Hierzu eignet sich insbesondere eine permanente Therapiekontrolle, die zu Hause im eigenen Bett (siehe Information zum Schlaflabor zu Hause) durchgeführt wird.

Fazit zur UPPP

Die UPPP kann empfohlen werden, wenn eine entsprechend anatomische Situation am Weichgaumen und am Gaumenzäpfchen vorliegt. Im Vergleich zur nichtinvasiven CPAP-Therapie oder der Behandlung mittels einer Unterkieferprotrusionsschiene (siehe Blogbeitrag vom 06.11.2018) ist diese Operationsmethode jedoch deutlich weniger wirksam[6-8]. Die meisten Studien mit Patientenselektion zeigten 6 Monate nach der UPPP eine Reduzierung des Apnoe-Hypopnoe-Index von durchschnittlich 50 bis 60 Prozent. Die Erfolgsquoten einige Jahre nach der OP sind jedoch signifikant niedriger und belegen im Schnitt nur noch eine AHI-Reduzierung von 40 bis 50 Prozent[2]. Zudem sind die Behandlungserfolge dieser OP vergleichsweise schwer vorhersehbar. Selbst zusätzliche Untersuchungen der oberen Atemwege haben diesen Nachteil noch nicht überwinden können. Eine vollständige Heilung kann mit der UPPP normalerweise nicht erreicht werden. Lediglich das sogenannte maxillomandibuläre Advancement ist bei entsprechender Indikationsstellung erfolgreich genug, um eine dauerhafte Heilung von der Schlafapnoe sicherzustellen[9].

 

Anmerkungen:

[1] Journal of Sleep Disorders & Therapy, Volume 5, Ausgabe 3, Juni 2016: Jose Antonio Pinto: „Lessons from 50 Years of Uvulopalatopharyngoplasty

[2] S2-LeitlinieHNO-spezifische Therapie der obstruktiven Schlafapnoe bei Erwachsenen“ der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. In: AWMF online (Stand 05.09.2015), 3.4.1

[3] Swiss Medical Weekly, Volume 139, Ausgabe 43-44, Okt. 2009, S. 624-629: Joachim T. Maurer: „Update on surgical treatments for sleep apnea

[4] Verse T, Bodlaj R, de la Chaux R, Dreher A, Heiser C, Herzog M, Hohenhorst W, Hörmann K, Kaschke O, Kühnel T, Mahl N, Maurer JT, Pirsig W, Rohde K, Sauter A, Schedler M, Siegert R, Steffen A, Stuck BA; ArGe Schlafmedizin der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. S2e-Leitlinie „Therapie der obstruktiven Schlafapnoe des Erwachsenen“. HNO 2009; 57: 1136-1156

[5] Otolaryngology–Head and Neck Surgery, Volume 161, Ausgabe 3, Sept. 2019, S. 401-411: Mu HeGuoping YinSiyan ZhanJinkun XuXin CaoJingjing LiJingying Ye: „Long-term Efficacy of Uvulopalatopharyngoplasty among Adult Patients with Obstructive Sleep Apnea: A Systematic Review and Meta-analysis

[6] New England Journal of Medicine, Volume 375, Ausgabe 10, Sept. 2016, S. 919-931: R Doug McEvoyNick A AnticEmma HeeleyYuanming LuoQiong OuXilong ZhangOlga MedianoRui ChenLuciano F DragerZhihong LiuGuofang ChenBaoliang DuNigel McArdleSutapa MukherjeeManjari TripathiLaurent BillotQiang LiGeraldo Lorenzi-FilhoFerran BarbeSusan RedlineJiguang WangHisatomi ArimaBruce NealDavid P WhiteRon R GrunsteinNanshan ZhongCraig S Anderson: „CPAP for Prevention of Cardiovascular Events in Obstructive Sleep Apnea

[7] Sleep, Volume 44, Ausgabe 7, Juli 2021, zsab015: Wojciech TrzepizurPeter A CistulliMartin GlosBruno VielleKate SutherlandPeter J WijkstraAarnoud HoekemaFrédéric Gagnadoux: „Health outcomes of continuous positive airway pressure versus mandibular advancement device for the treatment of severe obstructive sleep apnea: an individual participant data meta-analysis

 [8] Sleep & Breathing, Volume 22, Ausgabe 3, Sept. 2018, S. 555-568: Martha SchwartzLuis AcostaYuan-Lung HungMariela PadillaReyes Enciso: „Effects of CPAP and mandibular advancement device treatment in obstructive sleep apnea patients: a systematic review and meta-analysis

[9] Sleep Medicine Reviews, Volume 14, Ausgabe 5, Okt. 2010, S. 287-297: Jon-Erik C. Holty, Christian Guilleminault: „Maxillomandibular advancement for the treatment of obstructive sleep apnea: A systematic review and meta-analysis“