Die obstruktive Schlafapnoe (OSA) bleibt in etwa 80% der Fälle unentdeckt[1]. Das vorherrschende Symptom dieser Störung sind nächtliche Atemaussetzer, die meist von lautem und unregelmäßigem Schnarchen begleitet werden. Die Betroffenen können diese Symptomatik allerdings selbst nicht wahrnehmen, was die Diagnose der OSA erheblich erschwert. Weniger bekannt ist jedoch, dass auch übermäßiges nächtliches Schwitzen zu den charakteristischen Anzeichen der Schlafapnoe zählt[2]. Ein gesteigertes Bewusstsein für diese Begleiterscheinung könnte wesentlich dazu beitragen, die Krankheit häufiger und vor allem schneller zu diagnostizieren. Der nachfolgende Beitrag erklärt die Zusammenhänge zwischen Nachtschweiß und obstruktiver Schlafapnoe und schlägt geeignete Behandlungsmethoden vor.
Wie Schlafapnoe mit Hyperhidrose zusammenhängt
Das unverhältnismäßig starke Schwitzen im Schlaf, auch als Hyperhidrose bekannt, ist eng mit den respiratorischen Unregelmäßigkeiten verbunden, die charakteristisch für die Schlafapnoe sind. Während der Blockade der oberen Atemwege schlägt das Atemzentrum Alarm, um den nächtlichen Erstickungstod abzuwenden. In der Folge wird das sympathische Nervensystem aktiviert und der Körper reagiert mit der Ausschüttung von Stresshormonen, insbesondere Adrenalin und Noradrenalin, aus dem Nebennierenmark. Diese physiologischen Reaktionen steigern die Herzfrequenz und den Blutdruck und versetzen den gesamten Organismus in Alarmbereitschaft. Dieser Zustand wird als Arousal bezeichnet und mündet in einer Weckreaktion, um den Atemstillstand zu beenden. Der Schlafende erwacht kurzzeitig, ohne es jedoch bewusst wahrzunehmen. Durch das kurze Aufwachen spannt sich das Gewebe, insbesondere die Zunge, im Bereich der oberen Atemwege wieder an und die Luftwege öffnen sich. Die Atemluft kann wieder ungehindert ein- und ausströmen und der drohende nächtliche Erstickungstod wird erfolgreich abgewendet.
Nach wenigen Sekunden Wachzustand fällt der Apnoiker zurück in den Schlaf. Das Gewebe erschlafft jedoch erneut, und die Zunge rutscht zurück, was die nächste Atemwegsblockade nach sich zieht. Der Körper reagiert daraufhin wieder mit einer Weckreaktion. Bei schwergradiger Schlafapnoe wiederholen sich diese Episoden mehrere Dutzend Male pro Stunde. Der Organismus gerät in anhaltenden Stress, wodurch sich der Erholungswert des Schlafs ganz erheblich reduziert. Die Entstehung von Folgeerkrankungen, insbesondere des Herz-Kreislauf-Systems, wird begünstigt[3].
Die während der Arousals gesteigerte Herzfrequenz und erhöhte Stoffwechselaktivität rufen eine vermehrte Wärmeentwicklung hervor. Diese überschüssige Wärme wird vorrangig durch das Schwitzen abgeführt, wodurch der Organismus seine Temperatur reguliert. Die Sekretion von Schweiß aus den Schweißdrüsen führt durch die ausgelöste Verdunstungskälte zu einer kontrollierten Reduzierung der Körpertemperatur. Die Ausprägung der Hyperhidrose variiert stark und hängt insbesondere vom Schweregrad der OSA ab. Die Transpiration im Schlaf kann von einem leichten Schweißfilm auf der Haut bis zur Durchnässung der Bettwäsche reichen. Intensiver Nachtschweiß kann wiederum erhebliche Schlafstörungen verursachen, da der Betroffene durch das einsetzende Kältegefühl infolge des Schwitzens häufig aus dem Schlaf erwacht.
Ursachenbezogene Therapie der Schlafapnoe hilft auch gegen Nachtschweiß
Um die Hyperhidrose dauerhaft zu behandeln, ist es erforderlich, die Ursachen für nächtliche Atempausen und Atemflusslimitationen zu beheben. Diese Atemstörungen sind überwiegend auf eine Luftraumeinengung zwischen Zungengrund und Rachenhinterwand zurückzuführen. Zur nachhaltigen Erweiterung der oberen Atemwege werden im Rahmen einer operativen Intervention beide Kiefer weiter nach vorne verlagert und gleichzeitig gegen den Uhrzeigersinn gedreht. Die Operation, bekannt als maxillomandibuläres Advancement (MMA) mit Counterclockwise Rotation, gilt als einzige kausale Therapie der obstruktiven Schlafapnoe. Ihre Wirksamkeit wurde in verschiedenen Studien nachgewiesen[4,5]. Die Operation erzielt eine nachhaltige Vergrößerung des Rachenraums, da die neupositionierten Kiefer eine Vorverlagerung der Zunge, des Gaumens und der Gaumenbögen nach sich ziehen. Die Beseitigung anatomischer Verengungen begrenzt drastisch das Risiko von Atemwegsblockaden und nächtlichen Atemaussetzern[4,5]. Dadurch stabilisieren sich die Atemzyklen im Schlaf, was wiederum die Wahrscheinlichkeit für typische Folgeerkrankungen der OSA, wie Typ 2 Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Depressionen, erheblich verringert[6].
Ein positiver Nebeneffekt der ursachenbezogenen Therapie ist die Beseitigung des nächtlichen Schwitzens. Durch die Minimierung der nächtlichen Atmungsstörungen erfährt der Organismus eine deutliche Reduktion des physiologischen Stresses. Eine vermehrte Wärmeentwicklung und das damit verbundene Schwitzen bleiben aus, da weder die Herzfrequenz noch die Stoffwechselaktivität ansteigen. Die Kiefervorverlagerung beseitigt somit nicht nur die Atmungsdysfunktion und deren potenzielle Komorbiditäten, sondern trägt auch maßgeblich zur Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen bei.
Wie die CPAP-Therapie das nächtliche Schwitzen der Schlafapnoe reduziert
Die kontinuierliche positive Atemwegsdrucktherapie (CPAP = Continuous Positive Airway Pressure) gilt als Goldstandard der symptombezogenen Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe[7]. Das CPAP-Gerät produziert einen konstanten Luftstrom, der die oberen Atemwege im Schlaf offen hält. Schlafbezogene Atemstörungen und die damit einhergehenden Weckreaktionen (Arousals) werden durch die Überdruckbeatmung effizient unterdrückt[8]. Dadurch werden die physiologischen Stressreaktionen des Körpers begrenzt, die normalerweise zur Hyperhidrose führen. Um die Wirksamkeit der CPAP-Behandlung zu maximieren und das nächtliche Schwitzen weiter zu vermindern, ist eine individuelle Anpassung der CPAP-Maske von entscheidender Bedeutung. Eine gut sitzende Maske, die keine Undichtigkeiten zulässt und gleichzeitig auch bequem zu tragen ist, erhöht spürbar den Therapieerfolg. Darüber hinaus ist es wichtig, den am CPAP-Gerät eingestellten Beatmungsüberdruck im Rahmen regelmäßiger Therapiekontrollen im Schlaflabor an die aktuellen Erfordernisse anzupassen. Auch die ständige Reinigung und Wartung der CPAP-Ausrüstung ist obligatorisch, um optimale Behandlungsergebnisse sicherzustellen und das Risiko von Atemwegsinfektionen zu minimieren.
Wie die Optimierung der Schlafumgebung die Hyperhidrose lindert
Die Temperatur- und Feuchtigkeitsregulierung im Schlafzimmer spielt eine entscheidende Rolle bei der Verringerung der durch Schlafapnoe verursachten Hyperhidrose. Es empfiehlt sich, die Raumtemperatur auf einem angenehmen Niveau zwischen 18 und 22 Grad Celsius zu halten. Die Luftfeuchtigkeit liegt idealerweise zwischen 40 und 60 Prozent, um ein angenehmes Schlafklima zu gewährleisten. Der Schlafraum sollte daher in den Wintermonaten nicht geheizt werden. In den Sommermonaten kann der Einsatz einer Klimaanlage sinnvoll sein. Eine kostengünstige Alternative zur vollständigen Klimatisierung des Schlafzimmers findet sich in der Verwendung des sogenannten „chiliPads“ (siehe Blogbeitrag vom 27.06.2023). Diese innovative Matratzenauflage kühlt nur die Oberfläche des Bettes und nicht den gesamten Schlafraum.
Zusätzlich kann auch die Wahl von atmungsaktiver Bett- und Nachtwäsche dazu beitragen, das Schwitzen im Schlaf zu reduzieren. Materialien aus Modalfaser zeichnen sich durch ihre kühlende Wirkung aus und können gleichzeitig Feuchtigkeit effektiv absorbieren. Diese Kunstfaser mit natürlichem Ursprung wurde speziell entwickelt, um Feuchtigkeit von der Haut abzuleiten und ein angenehm trockenes Gefühl zu vermitteln. Um die Wärmeabgabe zu erleichtern, ist es zudem ratsam, lockere und luftdurchlässige Nachtwäsche zu tragen, anstatt enganliegende Kleidung zu wählen.
Hyperhidrose als Hinweis auf ernste Gesundheitsgefahren
Nächtliches Schwitzen wird oft unterschätzt, obwohl es auf schwerwiegende zugrunde liegende Gesundheitsprobleme wie obstruktive Schlafapnoe hinweisen kann. Es signalisiert in der Regel eine übermäßige nächtliche Stressbelastung, die die Schlafqualität beeinträchtigt. Betroffene sollten diese Anzeichen ernst nehmen und zur Abklärung der Ursachen einen Arzt konsultieren. Das Verständnis der Ursachen von Hyperhidrose ist entscheidend für eine gezielte Therapie, um potenzielle Komplikationen und Folgeerkrankungen zu vermeiden und die Lebensqualität zu verbessern.
Anmerkungen:
[1] Sleep Medicine, Volume 10, Ausgabe 7, Aug. 2009, S. 753-758: Kevin J. Finkel, Adam C. Searleman, Heidi Tymkew, Christopher Y. Tanaka, Leif Saager, Elika Safer-Zadeh, Michael Bottros, Jacqueline A. Selvidge, Eric Jacobsohn, Debra Pulley, Stephen Duntley, Colleen Becker, Michael S. Avidan: „Prevalence of undiagnosed obstructive sleep apnea among adult surgical patients in an academic medical center“
[2] BMJ Open, Volume 3, Ausgabe 5, Mai 2013, e002795: Erna Sif Arnardottir, Christer Janson, Erla Bjornsdottir, Bryndis Benediktsdottir, Sigurdur Juliusson, Samuel T. Kuna, Allan I. Pack, Thorarinn Gislason: „Nocturnal sweating – a common symptom of obstructive sleep apnoea: the Icelandic sleep apnoea cohort“
[3] Journal of the American College of Cardiology, Volume 69, Ausgabe 7, Feb. 2017, S. 841-858: Shahrokh Javaheri, Ferran Barbe, Francisco Campos-Rodriguez, Jerome A. Dempsey, Rami Khayat, Sogol Javaheri, Atul Malhotra, Miguel A. Martinez-Garcia, Reena Mehra, Allan I. Pack, Vsevolod Y. Polotsky, Susan Redline, Virend K. Somers: „Sleep Apnea: Types, Mechanisms, and Clinical Cardiovascular Consequences“
[4] Sleep Medicine Reviews, Volume 14, Ausgabe 5, Okt. 2010, S. 287-297: Jon-Erik C. Holty, Christian Guilleminault: „Maxillomandibular advancement for the treatment of obstructive sleep apnea: a systematic review and meta-analysis“
[5] Brazilian Journal of Otorhinolaryngology, Volume 89, Ausgabe 3, Mai 2023, S. 503-510: Paulo Alceu Kiemle Trindade, Vânia Dos Santos Nunes Nogueira, Silke Anna Theresa Weber: „Is maxillomandibular advancement an effective treatment for obstructive sleep apnea? Systematic literature review and meta-analysis“
[6] Sleep Medicine, Volume 74, Okt. 2020, S. 289-296: Cheng-Hui Lin, Wei-Chih Chin, Yu-Shu Huang, Po-Fang Wang, Kasey K. Li, Paola Pirelli, Yen-Hao Chen, Christian Guilleminault: „Objective and subjective long term outcome of maxillomandibular advancement in obstructive sleep apnea“
[7] Expert Review of Respiratory Medicine, Volume 11, Ausgabe 4, Apr. 2017, S. 259-272: Michelle T. Cao, Joshua M. Sternbach, C. Guilleminault: „Continuous positive airway pressure therapy in obstuctive sleep apnea: benefits and alternatives“
[8] New England Journal of Medicine, Volume 375, Ausgabe 10, Sept. 2016, S. 919-931: R. Doug McEvoy, Nick A. Antic, Emma Heeley, Yuanming Luo, Qiong Ou, Xilong Zhang, Olga Mediano, Rui Chen, Luciano F. Drager, Zhihong Liu, Guofang Chen, Baoliang Du, Nigel McArdle, Sutapa Mukherjee, Manjari Tripathi, Laurent Billot, Qiang Li, Geraldo Lorenzi-Filho, Ferran Barbe, Susan Redline, Jiguang Wang, Hisatomi Arima, Bruce Neal, David P. White, Ron R. Grunstein, Nanshan Zhong, Craig S. Anderson: „CPAP for Prevention of Cardiovascular Events in Obstructive Sleep Apnea“