Der Zungenschrittmacher – eine Alternative zur CPAP-Therapie?

23. Oktober 2018
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Viele Schlafapnoiker, die die CPAP-Therapie nicht tolerieren, suchen nach alternativen Therapieformen. Für diese Betroffenen kann der sogenannte Zungenschrittmacher eine Möglichkeit darstellen, ihre obstruktive Schlafapnoe Symptome besser in den Griff zu bekommen.

Der Zungenschrittmacher, auch implantierbarer Pulsgenerator (IPG) genannt, wird unter dem Schlüsselbein des Patienten implantiert. Dieses Verfahren ist vergleichbar mit der Implantation eines Herzschrittmachers. Registriert der Zungenschrittmacher einen Atemstillstand sendet er über eine Elektrode einen minimalen Stromimpuls an den Zungennerv „Hypoglossus“. Hierdurch wird der Nerv gereizt und die Zungenmuskulatur aktiviert. Die Zunge streckt sich infolgedessen nach vorne und gibt so die Atemwege frei. Im Schlaf kann die Zunge nicht mehr zurückrutschen und die oberen Atemwege verschließen. Nächtliche Atemstillstände sollen so effektiv verhindert werden. Der IPG wird dabei mittels einer Fernbedienung gesteuert. Vor dem Zubettgehen schaltet der Schlafapnoiker den Pulsgenerator einfach ein und nach dem Aufstehen wieder aus.

Erstmals wurde der Zungenschrittmacher in Deutschland im Jahr 2012 in der Berliner Charité implantiert. Seitdem wird er in verschiedenen klinischen Studien getestet und permanent weiterentwickelt. Eine erste große internationale Studie mit 126 Probanden, die im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde, belegt die Erfolge der Stimulationstherapie: Nach 12monatiger Behandlungsdauer hat sich die durchschnittliche Anzahl der nächtlichen Atemaussetzer um 68% reduziert, der Sauerstoffabfall im Blut um etwa 70%. Diese Ergebnisse sind zwar sehr ermutigend, allerdings sollte man auch berücksichtigen, dass es sich bei dieser Studie um einen speziell ausgewählten Patientenkreis handelte. Denn nicht jeder Schlafapnoiker kommt für diese Therapiemethode in Frage. Nicht implantiert werden kann der Zungenschrittmacher bei Patienten mit einem kleinen Kiefer, Adipositas, vergrößerten Mandeln oder bestehenden Herz- und Kreislauferkrankungen. Experten schätzen, dass für diese Behandlungsform nur etwa 20% der Schlafapnoe Betroffenen in Frage kommen. Der Hauptgrund hierfür ist die Tatsache, dass die genannten Ausschlusskriterien gerade bei Apnoikern überdurchschnittlich häufig festzustellen sind.

Als Hauptkritikpunkt der oberen Atemwegsstimulation wird angeführt, dass es sich bei dieser Therapie lediglich um eine Symptombehandlung handelt und nicht um eine Ursachenbeseitigung. Wie die klinische Studie gezeigt hat, werden die Schlafapnoe Symptome nicht vollständig unterdrückt, sondern nur zu einem gewissen Teil. Beim operativen Einsetzen der Stimulationselektrode kann der Hypoglossus Nerv beschädigt werden. Dies kann zu Schluck- und Zungenbewegungsstörungen und auch zu Artikulationsbeeinträchtigungen führen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass beim Verbinden der Elektroden mit dem Pulsgenerator größere Adern, wie zum Beispiel Halsgefäße, sowie Nerven verletzt werden können. Zudem berichten behandelnde Fachärzte in seltenen Fällen von allergischen bzw. unverträglichen Reaktionen auf das eingebrachte Material. Bei diesen Betroffenen muss dann der implantierbare Pulsgenerator in einer weiteren Operation reimplantiert werden. Eine weitere Operation wird in jedem Fall dann notwendig, wenn die Batterie des Stimulatorsystems ausgewechselt werden muss. Die Lebensdauer der Batterie ist insbesondere abhängig von der nächtlichen Nutzungsdauer und der Stimulationsstärke und liegt im Durchschnitt zwischen 6 bis 10 Jahren.

Das Einsetzen eines Zungenschrittmachers bedeutet eine aufwändige ca. zweistündige Operation, die mit den genannten Chancen und Risiken verbunden ist. Auch die mit dem Eingriff verbundenen Kosten, die je nach ausführender Klinik bei ca. 20.000 bis 30.000 Euro liegen, sollten in die Entscheidungsgrundlage mit einbezogen werden. Zwar übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten der Implantation eines Zungenschrittmachers, allerdings nur dann, wenn auch eine bewiesene CPAP-Intoleranz vorliegt und gleichzeitig auch die Therapie mittels Unterkieferprotrusionsschiene (Zahnschiene) keine ausreichende Linderung der Schlafapnoe Symptome erreicht.

Die obere Atemwegsstimulation erreicht meist eine spürbare Verbesserung der Lebensqualität, da die meist unkomfortable Überdruckbeatmung dann nicht mehr notwendig ist. Die Therapie wird durch den Wegfall des Beatmungsgeräts, des Druckschlauchs und der Maske mit den Haltebändern vereinfacht und die nächtliche Bewegungsfreiheit stark verbessert. Allerdings kann die obere Atemwegsstimulation wie jede symptomatische Therapie nur dann die Symptome zu einem gewissen Teil unterdrücken, solange sie regelmäßig während der gesamten Schlafphase genutzt wird.

Wer sich nicht von einem Hilfsmittel abhängig machen möchte, entscheidet sich besser für die einzig verfügbare kausale operative Therapie: Die von der Operationsdauer mit 2 bis 3 Stunden nur unwesentlich längere Kieferumstellungsosteotomie beseitigt die Ursache der nächtlichen Atemaussetzer. Durch die Vorverlagerung beider Kiefer wird die Obstruktion (Verengung) der oberen Atemwege dauerhaft beseitigt. Damit gehören nicht nur die nächtlichen Atemaussetzer der Vergangenheit an, sondern auch tagsüber fällt die Atmung deutlich leichter, weil die Atemwege nun permanent weit genug geöffnet sind, um eine ausreichende Sauerstoffversorgung zu gewährleisten.