Update: Krankenkasse & Schlafapnoe Operation

12. November 2021
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Im Blogbeitrag vom 11.04.2019 wurde die Frage geklärt, warum die gesetzliche Krankenkasse (GKV) die Kostenübernahme für die Schlafapnoe Operation (maxillomandibuläres Advancement mit Counterclockwise Rotation) aus juristischen Gründen verweigern muss. Nur im Rahmen einer sogenannten fiktiven Genehmigung gem. § 13 Abs. 3a SGB V war es möglich, auf indirektem Weg, zu einer Übernahme der Heilbehandlungskosten für die ursachenbezogene Therapie der Schlafapnoe zu kommen. Eine fiktive Genehmigung stellt eine Sanktionierung für Krankenkassen dar, welche die Kostenübernahmeanträge ihrer Versicherten nicht rechtzeitig bearbeiten. Zu einer fiktiven Genehmigung kommt es immer dann, wenn Krankenkassen über Leistungsanträge nicht innerhalb der vom Gesetzgeber geregelten Frist entscheiden. Mit etwas Glück, falls die Krankenkasse zu langsam arbeitet, kamen also auch gesetzlich Krankenversicherte in den Genuss, die Heilbehandlung ihrer Schlafapnoe bezahlt zu bekommen.

Neue Rechtsprechung zur Genehmigungsfiktion durch das Bundessozialgericht

Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V hat durch neue Rechtsprechung im Jahr 2020 eine empfindliche Einschränkung erfahren. Die bisherige sehr patientenfreundliche Auslegung wurde nach einer Neubesetzung des 1. Senats am Bundessozialgericht (BSG) in Kassel weitgehend aufgegeben. Mittlerweile hat sich auch der 3. Senat am BSG dieser Rechtsprechung angeschlossen.

Mit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 26.05.2020 zum Aktenzeichen B 1 KR 9/18 R gilt, dass die fiktive Genehmigung keinen Sach- bzw. Naturalleistungsanspruch auf die beantragte Leistung begründet. Nach Ansicht des BSG erwächst aus einer fiktiven Genehmigung lediglich ein Kostenerstattungsanspruch. Die begehrte Leistung muss damit ab Eintritt der Genehmigungsfiktion selbst beschafft werden. Der Kassenpatient muss damit zwangsläufig in Vorleistung gehen.

Nach der neuen Rechtsprechung begründet die Genehmigungsfiktion auch keinen Verwaltungsakt mehr. Der Antragsteller hat somit nur noch einen vorübergehenden Anspruch auf Kostenerstattung. Das Verfahren ist mit dem Eintritt der fiktiven Genehmigung auch nicht mehr abgeschlossen, sondern bleibt offen gehalten. Die gesetzliche Krankenkasse muss also weiterhin über den Leistungsantrag entscheiden. Das Recht auf Selbstbeschaffung der beantragten Leistung, auf Kosten der Krankenkasse, geht folglich durch eine spätere Kassenablehnung (negative Bescheidung) verloren.

Begrenzung der Genehmigungsfiktion aufgrund von Rechtsmissbrauch

Die Kasseler Richter begründeten ihr Grundsatzurteil damit, dass es der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gebietet, mittellosen Versicherten Leistungen zu gewähren, auf die sie nach allgemeinem GKV-Leistungsrecht keinen Anspruch haben. Das Recht auf Kostenerstattung ist ausgeschlossen, wenn der gesetzlich Versicherte bei der Selbstbeschaffung Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Nichtbestehen des materiellen Leistungsanspruchs hatte. Die Leistung wird also verwehrt, wenn der Versicherte wusste oder mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen konnte, dass es keinen Anspruch nach dem GKV-Leistungsrecht gibt.

Keine gutgläubige Leistungsbeschaffung im Falle der Schlafapnoe Operation

Eine Genehmigungsfiktion führt nur noch dann zu einem vorläufigen Anspruch auf Kostenerstattung, wenn sich der Kassenpatient die Leistung selbst beschafft hat und zu diesem Zeitpunkt gutgläubig war. Es hängt also vom jeweiligen Einzelfall ab, welche konkrete Leistung der Versicherte für erforderlich halten durfte. Im Falle der Schlafapnoe Operation gibt es hingegen keine unterschiedlichen Auslegungsinterpretationen: Gesetzlich Versicherte werden von der MEOCLINIC vor einer Terminvereinbarung ausnahmslos darüber informiert, dass für die Schlafapnoe Heilbehandlung kein Anspruch auf Kostenübernahme durch die gesetzliche Kasse besteht. Eine gutgläubige Leistungsbeschaffung ist somit von vornherein unmöglich.

Konsequenzen der neuen Rechtsprechung zur fiktiven Genehmigung

Die neue Rechtsprechung bedeutet praktisch das Ende der Genehmigungsfiktion im Krankenversicherungsrecht. Es gibt keinen Sachleistungsanspruch mehr, sondern nur noch einen zeitlich begrenzten Kostenerstattungsanspruch. Kassenpatienten, denen das Geld oder die Gelegenheit zur Selbstbeschaffung der beantragten Leistung fehlen, verlieren ihren Anspruch durch eine spätere Kassenablehnung. Fristversäumnisse der Krankenkasse bleiben zukünftig weitgehend folgenlos. Das Grundsatzurteil des BSG führt letztlich dazu, dass nur noch wirtschaftlich bessergestellte Versicherte von einer fiktiven Genehmigung profitieren können. Schlafapnoiker, die eine Heilbehandlung ihrer Krankheit wünschen, bleibt selbst diese Minimalchance verwehrt, da eine Genehmigungsfiktion von vornherein nicht entstehen kann. Eine fiktive Genehmigung würde sich nur dann ergeben, wenn der Versicherte davon ausgehen kann, dass er die Schlafapnoe Heilbehandlung von der GKV bezahlt bekommt. Als Leistungserbringer der Schlafapnoe Operation ist die MEOCLINIC jedoch dazu angehalten die Schlafapnoe Patienten bereits vorab darüber zu informieren, dass nach den allgemeinen Grundsätzen der GKV kein Anspruch auf die Leistung zur ursachenbezogenen Therapie der Schlafapnoe besteht.