Wissenswertes zum Upper Airway Resistance Syndrom

18. August 2022
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In der Allgemeinbevölkerung besteht vorwiegend die Auffassung, dass nächtliche Apnoen (Atemaussetzer) nahezu ausnahmslos nur ältere Menschen betreffen. Die Praxis zeigt jedoch, dass auch Jugendliche und jüngere Erwachsene unter den typischen Symptomen schlafbezogener Atmungsstörungen (SBAS) leiden können. Anders als bei älteren Betroffenen zeigen sich jedoch im Rahmen der Schlaflabordiagnostik meist keine Apnoen und Sauerstoffentsättigungen, sondern überwiegend Limitierungen des Atemflusses. In diesen Fällen spricht man vom sogenannten Upper Airway Resistance Syndrom (UARS), was übersetzt „Widerstandssyndrom der oberen Atemwege“ bedeutet. Es handelt sich folglich um eine Unterform von schlafbezogenen Atmungsstörungen. Im Folgenden werden Fragen zu den Symptomen, der Diagnostik, den Ursachen und zur Therapie des UARS beantwortet.

Welche Symptome zeigen sich beim UARS?

Wie bei Schlafapnoe Patienten liegt die Hauptsymptomatik im Schnarchen, in ständigen Durchschlafstörungen und überhöhter Tagesmüdigkeit. Anders als Schlafapnoe Betroffene, berichten Patienten mit UARS häufig auch über Einschlafstörungen und Kopfschmerzen. Die oft sehr jungen Patienten beklagen tagsüber Neigungen zum Einschlafen, Konzentrationsstörungen, Lernschwierigkeiten und eine allgemein verringerte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. Nicht selten ist dies mit erheblichen Problemen in der Schule oder der Ausbildung und mangelnder Sportlichkeit verbunden. Die Luftflussbehinderungen, die für das UARS kennzeichnend sind, rufen wiederholte Weckreaktionen im Schlaf hervor. Diese fragmentieren und stören den Schlaf und reduzieren dessen Erholsamkeit, was wiederum die ständige Tagesschläfrigkeit erklärt.

Wie wird das Upper Airway Resistance Syndrom diagnostiziert?

Im Unterschied zur obstruktiven Schlafapnoe kann das UARS nur durch eine Untersuchung im Schlaflabor, mittels Polysomnographie, diagnostiziert werden[1]. Das ambulante Monitoring der nächtlichen Atmung, mittels Polygraphie, („das kleine Schlaflabor zu Hause“) ist zur Feststellung des UARS nicht geeignet. Der Grund liegt darin, dass eine Polygraphieuntersuchung weder Daten der Schlaf-Elektroenzephalografie, (Schlaf-EEG) noch aus zyklischen intrathorakalen Druckerhöhungen erfassen kann. Beide Messgrößen stellen ein diagnostisches Kriterium für das UARS dar. Das bedeutet, dass eine unauffällige Polygraphie ein Upper Airway Resistance Syndrom nicht ausschließen kann. Patienten, die typische UARS-Symptome aufweisen, und deren ambulantes Schlafapnoemonitoring nicht auf obstruktive Schlafapnoe hindeutet, sollten in jedem Fall eine Polysomnographieuntersuchung im Schlaflabor durchführen lassen.

Wo liegen die Ursachen des Upper Airway Resistance Syndroms?

Die Ursache des UARS ist, wie auch bei der obstruktiven Schlafapnoe, eine anatomische Verengung der oberen Atemwege. Diese kann entweder durch eine Kieferrücklage, zu kleine Kiefer oder eine zu große Zunge (in Relation zur Kiefergröße) verursacht werden. Alle drei Determinanten führen letztlich zu einer Einengung des sogenannten Posterior Airway Space (Atemwegsraum zwischen Zungengrund und Rachenhinterwand). Diese anatomische Verengung lässt sich sehr leicht mittels dreidimensionaler Röntgenuntersuchung feststellen. Im 3D-Röntgenbild zeigen sich dann englumige, oft sehr lange obere Atemwege (siehe Abbildung 1.1). In Abgrenzung zum obstruktiven Schlafapnoe Syndrom ist jedoch der Muskeltonus im Bereich der oberen Atemwege noch ausreichend hoch, was durch das geringe Alter der Betroffenen zu erklären ist. Ein vollständiger Kollaps der oberen Atemwege bleibt daher aus, allerdings kommt es zu messbaren Luftflusslimitationen. Das respiratorische (atmungsbezogene) Ereignis bei Patienten mit UARS wird als „respiratory effort-related arousal“ (Weckreaktion, die durch Atemanstrengungen hervorgerufen wird) beschrieben[2]. Dies ist eine Differenzierung zur obstruktiven Schlafapnoe, dessen Krankheitsbild durch Apnoen und Hypopnoen (Atemflussreduktionen) geprägt ist.

UARS-vs-keine-SBAS
UARS vs. keine SBAS

Vielfach unterzogen sich Patienten mit UARS im Kindes- oder Jugendalter einer kieferorthopädischen Behandlung. Wenn diese Therapie, mittels einer Zahnspange, das Kieferwachstum nicht berücksichtigte, oder sogar behinderte, konnte sich daraus im Laufe der Zeit eine Rücklage der Kiefer ausbilden. Diese zieht eine Einengung der oberen Atemwege nach sich, was schlussendlich die beschriebenen Luftflusslimitationen auslöst. In den allermeisten Fällen entwickelt sich mit zunehmendem Alter aus dem Upper Airway Resistance Syndrom eine obstruktive Schlafapnoe. Dies ist leicht verständlich, wenn man sich vor Augen führt, dass im höheren Alter die Kollapsibilität der Weichgewebe im Rachenraum zunimmt, und in der Konsequenz schlafbezogene Atmungsstörungen, in Form von Atemaussetzern und Atemflussminderungen, häufiger werden.

Wie wird das Upper Airway Resistance Syndrom behandelt?

Die Therapieformen des UARS sind exakt die gleichen wie bei der obstruktiven Schlafapnoe. Die symptomatische Therapie konzentriert sich auf die nächtliche Überdruckbeatmung mittels CPAP (continuous positive airway pressure)[3]. Sie gilt als Goldstandard in der symptomatischen Behandlung des UARS und der obstruktiven Schlafapnoe. Die Praxis zeigt allerdings, dass die Therapietreue der Patienten mit UARS schlechter ist, als bei Patienten, die unter Schlafapnoe leiden[4]. Bei leicht- bis mittelgradiger Form des UARS wird öfter eine Zahnschiene, die sogenannte Unterkieferprotrusionsschiene, verordnet[3]. Die intraoral im Schlaf zu tragende Schiene drückt den Unterkiefer etwas nach vorne, was zu einer entsprechenden Öffnung der oberen Atemwege führt (siehe auch Blogbeitrag vom 06.11.2018). Infolgedessen nimmt der Atemwegswiderstand entsprechend ab und nächtliche Weckreaktionen werden stark reduziert. Die ursachenbezogene Therapie des UARS unterscheidet sich ebenfalls nicht von der der Schlafapnoe. Mittels operativer Kiefervorverlagerung vergrößert sich der Abstand zwischen dem Zungengrund und der Rachenhinterwand, was eine entsprechende Volumenerhöhung im Posterior Airway Space nach sich zieht. Die oberen Atemwege werden so dauerhaft erweitert, ohne von einem Hilfsmittel, wie einer CPAP-Maske oder einer Zahnschiene, abhängig zu werden.

Unterscheidungsmerkmale zwischen dem UARS und der Schlafapnoe

Das Schnarchen, das Upper Airway Resistance Syndrom und die obstruktive Schlafapnoe sind als unterschiedliche Formen von schlafbezogenen Atmungsstörungen zu betrachten. Es werden letztlich verschiedene Schweregrade derselben Störung beschrieben. Der Hauptunterschied des UARS, im Vergleich zur Schlafapnoe, liegt darin, dass es beim Widerstandssyndrom der oberen Atemwege nicht zu Apnoen und Sauerstoffentsättigungen kommt. Das Syndrom kann nicht durch ein ambulantes Monitoring der nächtlichen Atmung diagnostiziert werden, sondern ausschließlich nur durch eine Polysomnographie im Schlaflabor. Diese aufwendige und zugleich auch kostenintensive Diagnostikmethode ist vermutlich auch der Grund, warum das UARS sehr stark unterdiagnostiziert ist. Betroffene, die unter unerklärbarer Tagesschläfrigkeit leiden, und deren Polygraphieuntersuchung gleichzeitig völlig unauffällig ist, sollten keinesfalls den Aufwand einer Schlaflaboruntersuchung scheuen. Nur durch diese Vorgehensweise kann schlussendlich eine sichere Diagnose des UARS gestellt werden.

 

Anmerkungen:

[1] Revue des Maladies Respiratoires, Volume 32, Ausgabe 10, Dez. 2015, S. 1002-1015: S. M’saadI. YanguiW. FekiN. AbidN. BahloulF. MarouenA. ChakrounS. Kammoun: „The syndrome of increased upper airways resistance: What are the clinical features and diagnostic procedures?“

[2] Respiration, Volume 83, Ausgabe 6, Juni 2012, S. 559-566: J. L. PépinM. GuillotR. TamisierP. Lévy: „The upper airway resistance syndrome“

[3] Sleep Science, Volume 8, Ausgabe 1, Jan-Mrz 2015, S. 42-48: Luciana B. M. de GodoyLuciana O. PalombiniChristian GuilleminaultDalva PoyaresSergio TufikSonia M. Togeiro: „Treatment of upper airway resistance syndrome in adults: Where do we stand?“

[4] Deutsches Ärzteblatt, Volume 104, Ausgabe 12, Mrz 2007, S. 784-790: Riccardo A. Stoohs: „Widerstandssyndrom der oberen Atemwege“