Schrägbett bei obstruktiver Schlafapnoe: Nutzen, Grenzen und Evidenz

Schrägbett

Die sogenannte Inclined Bed Therapy (IBT), bei der das gesamte Bett um etwa 3 bis 7 Grad geneigt wird, rückt zunehmend in den Fokus schlafmedizinischer Diskussionen. Das Ziel dieser Maßnahme besteht darin, den Oberkörper höher zu positionieren als die Füße. Befürworter dieser Methode berichten von einer verbesserten nächtlichen Atmung, günstigeren Blutdruckwerten und einer Reduktion nächtlicher Refluxepisoden[1]. Auch bei Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) ist ein wachsendes Interesse an IBT zu verzeichnen, insbesondere als kostengünstiger, nicht-invasiver Therapieansatz für Personen, die eine nächtliche Überdruckbeatmung (CPAP-Therapie) nicht tolerieren oder nach weiteren unterstützenden Maßnahmen suchen. Der folgende Beitrag geht der Frage nach, ob das Schlafen mit Gefälle tatsächlich einen messbaren Einfluss auf die Symptome der obstruktiven Schlafapnoe hat und welche wissenschaftlichen Belege aus klinischen Studien hierzu bisher vorliegen.

Was die Inclined Bed Therapy auszeichnet

 Die Inclined Bed Therapy bezeichnet eine spezielle Form der Schlafpositionstherapie, bei der das gesamte Bett um etwa 3 bis 7 Grad geneigt wird. Dies entspricht einem Höhenunterschied zwischen Kopf- und Fußende von durchschnittlich 15 bis 20 Zentimetern. Der Körper liegt dabei auf einer durchgehend schrägen, aber ebenen Liegefläche. Die Umrüstung eines herkömmlichen Bettes erfolgt in der Regel durch die Platzierung von Klötzen oder speziellen Unterlagen unter den Bettfüßen am Kopfende. Alternativ sind im Fachhandel auch bereits vorgefertigte Schrägbetten erhältlich. Demgegenüber steht die sogenannte Head-of-Bed Elevation Therapy (HOBE), bei der lediglich das Kopfende mittels eines Keilkissens oder eines verstellbaren Lattenrosts hochgestellt wird. In der Liegefläche entsteht ein Knick auf Höhe der Hüfte, was zu einer veränderten Druckverteilung und einer partiellen Kompression im Bauchraum führen kann. Die IBT ermöglicht hingegen eine durchgängig gestreckte Körperhaltung, was potenziell andere physiologische Effekte mit sich bringt.

Wirkmechanismus des Schrägbetts bei Schlafapnoe

Das Wirkprinzip der Inclined Bed Therapy bei OSA beruht auf der veränderten Einwirkung der Schwerkraft auf die Weichgewebestrukturen der oberen Atemwege. In flacher Rückenlage wirkt die Schwerkraft senkrecht auf den Körper und fördert das Zurücksinken von Zunge und Gaumensegel in Richtung Pharynx. Bei Personen mit anatomisch engen oberen Atemwegen, wie sie beispielsweise bei einer Kieferrücklage vorliegen, kann sich eine vorhandene Luftraumeinengung dadurch weiter verstärken oder sogar in einer vollständigen Obstruktion der Atemwege münden. Durch die Neigung des gesamten Bettes in Richtung Fußende verändert sich der Vektor der Schwerkrafteinwirkung. Die Weichgewebe im Mund- und Rachenraum werden weniger stark nach dorsal gezogen, was die Offenhaltung des Rachens unterstützt. Zusätzlich begünstigt die schräge Liegeposition eine Verminderung nächtlicher gastroösophagealer Refluxepisoden[2]. Deren Verringerung trägt wiederum zur Verbesserung der respiratorischen Stabilität bei. Refluxbedingte Irritationen der Schleimhäute gelten als potenzielle Auslöser nächtlicher Mikroarousals (kurze Weckreaktionen ohne vollständiges Erwachen) sowie entzündlicher Veränderungen im Atemtrakt[3]. Das Schrägbett wirkt somit nicht nur der Kollapsneigung der Weichgewebe entgegen, sondern senkt durch die Reduzierung nächtlicher Refluxepisoden auch die Häufigkeit schlafbezogener Arousals, was sich positiv auf die Schlafkontinuität auswirkt.

Studienlage zur Oberkörperhochlagerung

Zur spezifischen Wirksamkeit der Inclined Bed Therapy liegen bislang keine randomisiert-kontrollierten Studien vor. Die bisherige wissenschaftliche Evidenz bezieht sich ausschließlich auf die sogenannte HOBE-Therapie, bei der ausschließlich der Oberkörper hochgelagert wird. In zwei randomisierten Studien konnten positive Effekte dieser Form der Schräglagerung auf die nächtliche Atmung festgestellt werden. In einer brasilianischen Untersuchung mit 52 Patienten führte eine Anhebung des Kopfendes um 7,5° zu einer signifikanten Reduktion des Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) um rund 32 Prozent sowie zu einer Verbesserung der nächtlichen Sauerstoffsättigung. Eine italienische Studie mit 45 Patienten bestätigte diese Befunde: Bei einer 30°-Hochlagerung des Oberkörpers sank der AHI signifikant von durchschnittlich 23,8 auf 17,7 Ereignisse pro Stunde. Gleichzeitig verringerte sich der Anteil der Apnoen von 55 Prozent auf 44 Prozent. Beide Studien belegen, dass eine moderate Hochlagerung der oberen Körperhälfte zur Stabilisierung der oberen Atemwege beitragen kann und nächtliche Atemstörungen verringert. Die besten Ergebnisse erzielt die HOBE-Therapie besonders bei leicht- bis mittelgradiger Schlafapnoe sowie beim Schlaf in Rückenlage.

Wirksamkeit der Schräglagerung abhängig von der Schlafposition

Basierend auf dem aktuellen Erkenntnisstand scheint die IBT vor allem für Patienten mit leichter bis mittelgradiger obstruktiver Schlafapnoe (AHI zwischen 5 und maximal 30 Ereignissen pro Stunde) eine sinnvolle Ergänzungsmaßnahme darzustellen. Besonders profitieren könnten Personen, bei denen zusätzlich ein nächtlicher gastroösophagealer Reflux vorliegt, da das Schrägbett sowohl die Offenhaltung der oberen Atemwege unterstützt als auch den Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre vermindert. Die Methode gilt als kostengünstig, nicht-invasiv und einfach in der Anwendung. Dennoch ist zu betonen, dass die IBT keinesfalls eine primäre Therapieoption bei schwergradiger Schlafapnoe ersetzt. Vielmehr kann sie eine unterstützende Option für all jene sein, die eine Überdrucktherapie nicht tolerieren oder diese ergänzen möchten.

Für die Wirksamkeit der IBT ist die bevorzugte Schlafposition von entscheidender Bedeutung, da sich der potenzielle Nutzen nahezu ausschließlich in Rückenlage entfaltet. Nur in dieser Position übt die Schwerkraft relevanten Einfluss auf die kollapsgefährdeten Strukturen des Pharynx aus. In Seiten- oder Bauchlage hingegen ist ein nennenswerter Effekt nicht zu erwarten[4]. Personen, die sich konsequent die Rückenlage abtrainiert haben oder gezielt in Seiten- oder Bauchlage schlafen, werden daher kaum von der Inclined Bed Therapy profitieren (vgl. Blogbeitrag vom 16.10.2020). In Einzelfällen, in denen sich die Rückenlage nicht vermeiden lässt oder zusätzlich Refluxbeschwerden bestehen, kann die Schräglagerung jedoch eine wertvolle Hilfestellung in der Behandlung leisten.

Inclined Bed Therapy als ergänzende Option bei Schlafapnoe

Die moderate Schräglagerung des gesamten Körpers kann beim Schlaf in Rückenlage dazu beitragen, die Atemwegsstabilität zu verbessern und nächtlichen Reflux zu verringern. Ein Schrägbett stellt jedoch keine primäre Behandlungsoption dar und kann keinesfalls als Ersatz für etablierte Verfahren wie die CPAP-Therapie verstanden werden. Vielmehr empfiehlt es sich als ergänzende Maßnahme für Patienten mit leichter bis mittelgradiger OSA, die nicht konsequent rückenlagevermeidend schlafen oder unter Refluxbeschwerden leiden. Zur Minimierung orthopädischer Risiken ist ein durchgehend geneigtes Bett einem verstellbaren Lattenrost oder Keilkissen vorzuziehen. Geknickte Liegeflächen können langfristig zu einer ungleichmäßigen Druckverteilung führen und somit zu Verspannungen oder Haltungsschäden beitragen[5]. In Anbetracht der geringen Kosten und des überschaubaren Risikoprofils erscheint die IBT in ausgewählten Fällen als pragmatischer Therapiebaustein mit klinischem Potenzial.

Anmerkungen:

[1] Medical News Today: https://www.medicalnewstoday.com/articles/inclined-bed

[2] Journal of Gastroenterology and Hepatology, Volume 27, Ausgabe 6, Juni 2012, S. 1078-1082: Bashir Ahmad Khan, Jaswinder Singh Sodhi, Showkat Ali Zargar, Gul Javid, Ghulam Nabi Yattoo, Altaf Shah, Ghulam Mohamad Gulzar, Mushtaq Ahmad Khan: „Effect of bed head elevation during sleep in symptomatic patients of nocturnal gastroesophageal reflux“

[3] Pneumologie, Volume 64, Ausgabe 4, Apr. 2010, S. 255-258: P. Lenniger, V. Gross, S. Kunsch, C. Nell, J. E. S. Nolte, A. K. Sohrabi, U. Koehler: [Nocturnal long-term monitoring of lung sounds in patients with gastro-oesophageal reflux disease] [Article in German]

[4] Cochrane Library: https://www.cochrane.org/evidence/CD009946_head-bed-elevation-versus-flat-bed-preventing-ventilator-associated-pneumonia-vap-adults-requiring

[5] Schmerz, Volume 36, Ausgabe 4,  März 2022, S. 242-247: A. V. Dieterich, A. Haueise, L. Gizzi: [Feeling stiff…but what does it mean objectively? Can you measure muscle tension?]