CPAP und Unterkieferprotrusionsschiene: Kombinierte Therapie gegen Schlafapnoe

Kombi-Therapie-CPAP-UKPS

Die CPAP-Therapie (Continuous Positive Airway Pressure) gilt seit Jahrzehnten als Goldstandard in der symptomatischen Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe. Diese Standardtherapie führt jedoch nicht immer zum gewünschten Erfolg. Insbesondere bei schwergradiger Schlafapnoe kann der erforderliche hohe Beatmungsdruck die Therapietreue erheblich beeinträchtigen. Zudem zeigt sich in bestimmten Fällen, dass der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) trotz nächtlicher Überdruckbeatmung nicht ausreichend gesenkt werden kann. Vor diesem Hintergrund erscheint es naheliegend, die CPAP-Behandlung durch eine weitere symptomatische Maßnahme zu ergänzen: die Unterkieferprotrusionsschiene (UKPS). Diese bewirkt eine leichte Vorverlagerung des Unterkiefers, wodurch sich der Atemwegswiderstand verringert und die nächtliche Atmung verbessert. Es stellt sich daher die Frage, wie wirksam diese Kombinationstherapie ist. Kann die gleichzeitige Anwendung von CPAP und UKPS Atemstörungen effektiver reduzieren und gleichzeitig die Therapieverträglichkeit erhöhen? Der folgende Beitrag geht diesen Fragen nach und beleuchtet sowohl die wissenschaftliche Evidenz als auch die Vor- und Nachteile dieser kombinierten Behandlungsstrategie.

Bessere Verträglichkeit und höhere Therapietreue

Die Kombination aus Überdruckbeatmung und Schienentherapie bietet ein vielversprechendes Potenzial zur Optimierung der Behandlungsergebnisse. Das Einsetzen einer UKPS schiebt den Unterkiefer um wenige Millimeter nach vorne, was eine Vergrößerung des Luftraums zwischen Zungengrund und Rachenhinterwand zur Folge hat. Die Erweiterung der oberen Atemwege hat den positiven Effekt, dass der für die CPAP-Therapie erforderliche Beatmungsdruck reduziert werden kann. In der Konsequenz vermindern sich häufig therapiebedingte Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Druckstellen oder aerophagiebedingte Magenbeschwerden, die bei vielen Patienten zu einer eingeschränkten Akzeptanz der CPAP-Behandlung führen.

Die Druckreduktion verbessert nicht nur die Verträglichkeit der CPAP-Therapie, sondern auch die Therapietreue. Besonders Patienten mit einer ausgeprägten Druckunverträglichkeit profitieren von der Kombinationstherapie, da die Belastung durch hohe Beatmungsdrücke spürbar abnimmt. Dies ist insbesondere für Betroffene relevant, die Titrationsdrücke von über 15 mbar benötigen, um ihre oberen Atemwege im Schlaf offen zu halten. Für diese Patientengruppe kann die Kombination aus CPAP und UKPS den entscheidenden Unterschied machen, um die Behandlung langfristig zu tolerieren und konsequent anzuwenden.

Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Kombinationstherapie

In mehreren wissenschaftlichen Studien wurde die Wirksamkeit der Kombinationstherapie aus CPAP und Unterkieferprotrusionsschiene untersucht[1-3]. Eine US-amerikanische Pilotstudie aus dem Jahr 2011 zeigte, dass die gleichzeitige Anwendung beider Therapieformen den erforderlichen CPAP-Druck signifikant senkt. Der optimale Beatmungsdruck reduzierte sich im Durchschnitt von 9,4 mbar auf 7,3 mbar, während der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) von 11,2 auf 3,4 sank[2]. Zudem nahm die Anzahl nächtlicher Sauerstoffentsättigungen messbar ab, und die Tagesmüdigkeit der Probanden verbesserte sich deutlich. Die Studienautoren betonten ausdrücklich, dass alle Studienteilnehmer die Kombinationstherapie gut tolerierten.

Ähnliche Ergebnisse lieferte eine im Jahr 2017 veröffentlichte taiwanesische Studie, die sich speziell auf Patienten mit schwergradiger Schlafapnoe konzentrierte, die hohe CPAP-Drücke (über 15 mbar) nicht vertrugen. Bei diesen Patienten führte die Kombination aus CPAP und UKPS zu einer stärkeren Reduzierung des AHI als jede der beiden Einzeltherapien. Zudem verringerte sich der erforderliche Beatmungsdruck im Durchschnitt um beachtliche 9,2 mbar, was die Therapieakzeptanz erheblich steigerte[3]. Von besonderer Bedeutung ist die langfristige Therapietreue: Nach einer Nachbeobachtungsphase von über drei Jahren nutzten die meisten Studienteilnehmer die Kombinationstherapie weiterhin regelmäßig.

Allerdings basieren beide Studien auf einer vergleichsweise geringen Probandenzahl – die US-amerikanische Untersuchung umfasste lediglich zehn, die taiwanesische Studie vierzehn Patienten. Eine derart geringe Stichprobengröße kann die Aussagekraft der Ergebnisse erheblich einschränken, da die statistische Power begrenzt ist und keine belastbaren Rückschlüsse auf eine breitere Patientengruppe zulässt. Es bleibt daher offen, ob die beobachteten Vorteile der Kombinationstherapie tatsächlich generalisierbar sind.

Wie die Kombinationstherapie den Behandlungserfolg optimiert

Ein wesentlicher Vorteil der kombinierten Behandlung liegt in der effektiveren Senkung des Apnoe-Hypopnoe-Index. Während die Einzeltherapien CPAP und UKPS jeweils für sich die Zahl der Atemstörungen verringern, deutet die aktuelle Studienlage darauf hin, dass ihre gleichzeitige Anwendung eine noch stärkere Verminderung des AHI bewirkt. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die anatomische Vorverlagerung des Unterkiefers in Verbindung mit der Überdruckbeatmung eine synergistische Wirkung entfaltet: Die oberen Atemwege bleiben durch die UKPS stabiler, wodurch sich der Beatmungsdruck gleichmäßiger verteilt und Obstruktionen noch wirkungsvoller unterdrückt werden. Patienten, die trotz CPAP-Behandlung einen Rest-AHI von über 5 pro Stunde aufweisen, dürften von dieser Kombination am stärksten profitieren. Folglich ist zu erwarten, dass ihre Leistungsfähigkeit sowie ihr allgemeines Wohlbefinden ein höheres Niveau erreichen als unter einer alleinigen CPAP-Therapie.

Darüber hinaus können Anwender der Kombinationstherapie eine optimierte nächtliche Sauerstoffversorgung erwarten. Der während der Einatmung erzeugte Luftstrom gelangt ungehinderter in die Lunge, da die Zahnschiene den Atemwegswiderstand im Rachenbereich vermindert. In der Folge kommt es seltener zu Sauerstoffentsättigungen, die als bedeutender Risikofaktor für kardiovaskuläre Folgeerkrankungen der Schlafapnoe gelten[4]. Eine stabilere Sauerstoffsättigung während der Nacht kann zudem die Schlafqualität insgesamt verbessern, was sich in einer erholsameren Nachtruhe und einem gesteigerten Wohlbefinden am Tag widerspiegeln kann.

Probleme und Nebenwirkungen der Kombinationstherapie

Nicht jeder Patient mit Schlafapnoe eignet sich für die Kombination aus UKPS und CPAP-Maske. Die Praxis lässt erkennen, dass das gleichzeitige Tragen beider Hilfsmittel den Komfort beeinträchtigen kann. Die Vorverlagerung des Unterkiefers durch die Zahnschiene beeinflusst die Passform und den Sitz einer CPAP-Maske. Dies kann insbesondere bei Full-Face-Masken problematisch sein, da diese aufgrund der veränderten Kieferpositionierung oft nicht mehr optimal abdichten. Als logische Konsequenz ergibt sich eine Minderung des Behandlungserfolgs. Zudem berichten einige Anwender von verstärkten Druckstellen, da die UKPS die Position der Maskenbänder verändert. In seltenen Fällen tritt zunehmende Mundtrockenheit auf, da durch das Vorschieben des Unterkiefers nachts der Mund leichter geöffnet wird und vermehrt Luft entweichen kann. Weiterhin kann die parallele Nutzung beider Methoden zu intensivierten Kiefergelenkbeschwerden führen, vor allem wenn bereits eine erhöhte muskuläre Spannung oder eine craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) vorliegt. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass durch die Schienenpositionierung Druckstellen im Mundraum entstehen, die in Verbindung mit der CPAP-Maske den Tragekomfort einschränken. Eine ausführliche Übersicht über die allgemeinen Nebenwirkungen der Protrusionsschiene findet sich im Blogbeitrag vom 23.01.2024.

Warum die individuelle Anpassung entscheidend ist

Die Kombination aus CPAP und Unterkieferprotrusionsschiene stellt eine vielversprechende Behandlungsoption für Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe dar, insbesondere in Fällen, in denen hohe CPAP-Drücke schlecht vertragen werden oder eine Einzeltherapie nicht ausreicht. Wissenschaftliche Erkenntnisse deuten darauf hin, dass diese Kombination sowohl die Wirksamkeit als auch die Verträglichkeit der Behandlung verbessern kann. Dennoch ist sie nicht für jeden Patienten gleichermaßen geeignet. Eine individuelle Anpassung ist daher von entscheidender Bedeutung. Diese umfasst die Maßanfertigung der Protrusionsschiene in einem Dentallabor, die optimale Einstellung des Beatmungsdrucks und die Auswahl einer geeigneten CPAP-Maske. Eine sorgfältige Abstimmung aller Einzelschritte ist essenziell, um die Vorteile der kombinierten Therapie zu maximieren und potenzielle Nebenwirkungen zu minimieren. Patienten, die diese Behandlungsform in Betracht ziehen, sollten daher eng mit ihren Schlafmedizinern und Zahntechnikern zusammenarbeiten, um eine maßgeschneiderte Lösung für ihre spezifischen Bedürfnisse zu finden.

 

Anmerkungen:

[1] European Journal of Dentistry, Volume 16, Ausgabe 4, Okt. 2022, S. 749-755: Thyagaseely Sheela Premaraj, Jacob Stadiem, Shyamaly Arya Premaraj, Charles R. Davies, Matthew Dennis, John J. Harrington: „Continuous Positive Airway Pressure-Mandibular Advancement Device Combination Therapy for Moderate-to-Severe Obstructive Sleep Apnea: A Preliminary Study“

 [2] Sleep and Breathing, Volume 15, Ausgabe 2, Mai 2011, S. 203-208: Ali A. El-Solh, Binusha Moitheennazima, Morohunfolu E. Akinnusi, Paul M. Churder, Anthony M. Lafornara: „Combined oral appliance and positive airway pressure therapy for obstructive sleep apnea: a pilot study“

 [3] PLOS One, Volume 12, Ausgabe 10, Okt. 2017, e0187032: Hsiang-Wen Liu, Yunn-Jy Chen, Yi-Chun Lai, Ching-Yi Huang, Ya-Ling Huang, Ming-Tzer Lin, Sung-Ying Han, Chi-Ling Chen, Chong-Jen Yu, Pei-Lin Lee: „Combining MAD and CPAP as an effective strategy for treating patients with severe sleep apnea intolerant to high-pressure PAP and unresponsive to MAD“

 [4] The Lancet, Volume 365, Ausgabe 9464, Mrz. 2005, S. 1046-1053: Jose M. Marin, Santiago J. Carrizo, Eugenio Vicente, Alvar G. N. Agusti: „Long-term cardiovascular outcomes in men with obstructive sleep apnoea-hypopnoea with or without treatment with continuous positive airway pressure: an observational study“